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Andere Kulturen - andere Gastgeschenke

08.09.2014 22:02

Heute lernte ich, dass sich in den letzten Jahren viel getan hat auf dem Feld der Gastgeschenke. Zum Beispiel war es früher Sitte, dass Japaner Gastgeschenke zu überreichen hatten, die mit absoluter Sicherheit KEINEN praktischen Nutzen haben durften. Auch wenn ich diese Regeln nicht wirklich verstehe, könnte ich sie irgendwie akzeptieren.

Heute bekam ich hingegen eine ausklappbare, beleuchtete Lupe in einer Geisha-Verpackung.

Ich bin immer noch verwirrt. Und irgendwie beleidigt.

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Half Nelson

06.09.2014 22:03

Ich weiß nicht, wie lange dieser Link funktioniert, also beeilt Euch:
https://www.spiegel.tv/filme/alleskino-half-nelson/

Das ist wieder einer dieser Filme, die man superschwer beschreiben kann, die aber lange nachwirken. Inwieweit haben wir Verantwortung für andere? Für uns selbst? Ist jeder seines eigenen Glückes Schmied? Ich habe den Film gerade erst gesehen und weiß: das wird mich in den nächsten Tagen beschäftigen. Beim Gucken ist die Story fast belanglos, die Figuren berechenbar, das Ende vorhersehbar. Und dennoch: das Hirn kreiselt um Möglichkeiten, um vertane Chancen. Sehr introvertiertes, sehr leises, sehr nachdenklich machendes Kino. Der Film ist von 2006. Überaus bemerkenswert, wie die damals 17jährige Shareeka Epps eine 13jährige glaubhaft verkörpert und nebenbei mal eben Ryan Gossling an die Wand spielt!

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Allet wieda jut

05.09.2014 22:18

Ich habe es schon immer geliebt, einer Stadt beim Aufwachen zuzuschauen. Prag, London, Paris, Rom - überall ist es toll, ganz früh durch die Straßen zu stromern. Da ich seit geraumer Zeit morgens die 3,5 km zum Bahnhof laufe, anstatt den Bus zu nehmen, komme ich auf diesem Weg durch die sich für den Besucheransturm zurecht machende Innenstadt von Potsdam. Die Backshops und Restaurants räumen ihre Stühle raus, Lieferanten liefern, die Müllabfuhr fährt Müll ab, die ersten Koffeinsüchtigen sitzen bei Starbucks (machen die eigentlich jemals zu?). Und kürzlich das:

Mit einer Stimme, die den großen Zapfenstreich der Bundeswehr am Schloss Charlottenburg dirigieren könnte - gestählt von unzähligen Gallonen Whisky, rauh gefeilt mit Abertausenden filterlosen Zigaretten -, mit gefühlten 128 Dezibel brüllt der Obdachlose, der den Eingang von Kaisers zu seinem Hauptwohnsitz erkoren hat, „Juten Morjen, schöne Frau!“ über die Straße. Natürlich meint er nicht mich, sondern das Muttchen hinter mir. Sie ist um die 80 und tattert, ihre weiße Fußhupe ausführend, auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor sich hin. Es entspinnt sich folgender Dialog quer über die Brandenburger Straße, die widerhallt wie die Höhlen von Matala. Muttchen, auch nicht gerade zittrig: „Juten Morjen. Na, wie isset?“. ER: „Jut, jut. War vier Wochen im Krankenhaus. Aber jetzt isset wieda jut.“ ("jut...jut...jut" hallt es nach).

Während ich weiterlaufe, schwappt durch mein Hirn: wenn er im Krankenhaus war, hatte er vier Wochen lang ein warmes Bett, drei Mahlzeiten am Tag, wahrscheinlich sogar vier, jeden Tag frische Bettwäsche, eine Dusche und ein Klo. Aber: JETZT isset wieda jut.

Alles eine Frage der Perspektive.

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Unsere Satelliten feiern ihren 6. Geburtstag

29.08.2014 16:31

Vor genau 6 Jahren stand ich auf dem Marktplatz in Brandenburg an der Havel und lauschte im Rahmen einer öffentlichen Party andächtig der per Telefon (für Video hatte das start-up damals kein Geld!!!) übertragenen Informationen zum Start der fünf Satelliten meines hoffentlich zukünftigen Arbeitgebers. Wäre der Start missglückt, hätte ich den neuen Arbeitsvertrag nicht unterschrieben. Aber bekanntlich ging alles gut, und letzten Freitag konnten wir feiern, dass die fünf kühlschrankgroßen Teilchen immer noch gesund und munter um uns kreisen, uns mit Daten versorgen und so am Leben erhalten.

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SEEED in Ferropolis

22.08.2014 19:05

Eine gigantische Kulisse!!! Die Bühne steht direkt vor einem wundervollen See inmitten eines martialisch anmutenden Kreises aus alten, riesigen Schürfbaggern. Die Jungs von SEEED war wie gewohnt gut durchchoreographiert, das Publikum ging voll mit, war aber durchmischter als letztes Jahr in Berlin. Hier im Dreiländereck Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg tummeln sich viele dörfliche Familien, die gern auch mal stolz ihre himmelblauen Jack-Wolfskin-Jacken ausführen und die Aldi-Rucksäcke schön fest auf dem Rücken vertäut haben. Ein bemerkenswerter Kontrast zu "So, heute bin ich ziemlich gut drauf, zieh mich schick an, setz 'n Hut auf, Die Rolex tickt. Mann, seh ich gut aus, Hol mir den Kick, den ich absolut brauch'". Für die totale Begeisterung meinerseits hätte es ruhig mal wieder was Neues geben können, denn bis auf die Location glich das diesjährige Konzert dem aus 2013 wie ein Ei dem anderen. Sozusagen copy & paste. Naja, sie haben viele ihrer Songs bis zur Unkenntlichkeit wild geremixt (um mal ein schönes englisches Wort deutsch zu konjugieren, aber da bin ich ja nicht die erste) und der Zugang zu Getränken und Toiletten war mehr oder weniger unverstellt. Auf einer Skala von 1 bis 10? Eine glatte 8.

Mehr Bilder findet Ihr in der Fotogalerie.

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Weiberkultur: wir waren in der Bar jeder Vernunft

21.08.2014 19:01

Carrington-Brown lieferten eine sehr launige Unterhaltung, das Essen kam schnell und schmeckte, der Wein noch besser und unsere Stimmung war daher mal wieder exorbitant gut. Die Spielstätte ist sehr zu empfehlen, das Programm könnt Ihr hier durchstöbern.

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gestern im Bahnhof

20.08.2014 15:09

Nennen wir sie D1, D2 und D3 - die launigen Männer, die am Dönerstand in einem nur für sie ersichtlichen System umeinanderwuseln. Vorn am Tresen, wo die Speisen in den Auslagen Appetit machen, stauen sich die Kunden als Hindernis weit in den Bahnhof hinein. Hinten im Laden gähnende Leere. D1 blafft aus einem ebenso genervt wirkenden wie verschwitzten Gesicht: "Der nächste!", guckt mir dabei für eine Zehntelsekunde in die Augen, bevor sein Blick in einer Endlosschleife aufmerksam die Umgebung scannt. D2 scherzt auf türkisch mit einer Familienangehörigen, D3 kommt gerade aus dem Hinterzimmer.

"Eine türkische Pizza mit Salat. Zum Mitnehmen bitte." antworte ich brav ins unendliche Nirgendwo hinein.

D1 lässt mit keinem Augenbrauenzucken erkennen, ob die Nachricht bei ihm angekommen ist. 25 lange Jahre Dönererfahrung lassen mich dennoch optimistisch in die Zukunft blicken. D1 bellt in die Umstehenden hinein: "Der nächste!" Die Dame neben mir hat schon drei Mal dankend abgelehnt, eine Bestellung aufzugeben, da sie nur warte, bis ihr Begleiter seinen Döner habe.

D2 hat sein Gespräch (fast) beendet und fragt mich zwischen zwei türkischen Wortschwallen "und für Sie?", sieht mich dabei genau wie D1 einen Wimpernschlag lang an, bevor er mit seiner Großcousine weitertratscht. D1 bellt zu D2 rüber: "Trkschpiz". Ich reagiere nicht. Die werden das schon richten. D2 verabschiedet die Cousine, fragt die Dame neben mir zur Sicherheit noch einmal "und für Sie?". Die bleibt ganz konsequent bei ihrem Standpunkt, dass sie hier ganz bestimmt nichts bestellen mag.

D3 rückt auf, bekommt auf türkisch (oder kurdisch - was weiß ich) eine Kurzzusammenfassung der letzten 32 Bestellungen, packt ein vorbereitetes Stück Teigfladen in den Kontaktgrill und fängt an, Fleisch von Spieß zu säbeln. Ich ahne, was er vorhat.

D2 ist wieder dran: "Trkschpiz mit Fleisch und Salat?" Diesmal Augenkontakt, eine ganze Sekunde lang. Ich wiederhole ganz langsam, quasi für Unterbelichtete: "Ohne Fleisch. Ohne Fleisch. Mit Salat bitte."

Jetzt kommt das Pingpong, das ich so liebe:
D2: "Salat - mit alles?"
Ich: "Ja, alles."
D2: "Sauce?"
Ich: "Scharf bitte."
D2: "Hieressen?"
Ich: "Zum Mitnehmen".
D2: "Tüte?"
Ich: "Ja, bitte."
D2: "Zweisiebzisch."

Ich denke: Was für ein Schnäppchen! Für fünf Minuten Staunen über ein voll funktionierendes Chaos, die Teilnahme an einer sehr eigenen, in meinen Augen ebenso unhöflichen wie ineffizienten Kommunikation und am Ende ein extrem leckeres, preiswertes und sogar gesundes Abendessen.

Das nächste Mal gehe ich zur Abwechslung mal wieder zum Chinesen. Die sind zwar doppelt so teuer und es schmeckt nur halb so gut, aber dafür lächeln sie so schön und so leise. Und ich muss alles immer nur ein Mal sagen.

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Wieder einer ...

12.08.2014 22:44

...  der sich selbst aus dem Spiel genommen hat. "Bring Gott zum Lachen" sagen Freunde und Kollegen von Robin Williams. Das wird er. Ich bin sicher, die Jungs da oben amüsieren sich prächtig. Gekämpft haben sie ein Leben lang.

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Wahlkampf in Potsdam

11.08.2014 19:53

Während sich der Rest der Menschheit gerade fragt, wer oder was jetzt wieder die Jesiden sind und warum man sie im Irak lebendig verscharrt oder wahlweise auf Gebirgsgipfeln vertrocknen lässt oder wo zum Henker Donezk eigentlich liegt und warum es da auf einmal auf jeden Quadratmeter Landgewinn ankommt und wieso sich urplötzlich die ganze Welt die Köppe einzuschlagen scheint ...

... kümmern wir uns hier in Potsdam um die wirklich wichtigen Dinge - es ist Wahlkampf. Da zeigt sich völlig unverblühmt das wahre Gesicht der Gentrifizierung. Mangels echter Probleme kämpft man hier in Schickimickihausen einerseits um die Wiederaufforstung jedes einzelnen dahingemeuchelten Brandenburger Alleebaums, andererseits konsequent gegen den Wiederaufbau der Garnisonskirche. Für noch mehr Kitas und Spielplätze und natürlich gegen Flugrouten und Fluglärm. Sollen doch die Hartz-IV-Blagen da drüben in Neukölln nachts nicht schlafen können, die glotzen doch morgen sowieso wieder den ganzen Tag Prekariats-TV. Hauptsache wir Vielflieger-Bionadebürger-Gutmenschen können unsere spätgeborenen Projektkinder ungestört in rosarote Träume singen, bevor wir morgen wieder mit dem Rollköfferchen zum Flieger hechten, der aber bitte sowohl beim Start als auch bei der Landung einen gaaanz weiten Bogen um Potsdam macht. 

Und für das friedensbewegte Gewissen stehen fünf Quotendoofis vorm Landtag und sammeln unter der kleinen weißen Friedenstaube Unterschriften gegen den Völkermord, natürlich getragen von John Lennons "Imagine".

Ihr meint, ich denke mir das aus? Könnte man vermuten, gebe ich zu. Ist aber alles wahr. Leider. Ischwör.

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Feuerwerkersinfonie

03.08.2014 18:19

Als 40 Minuten, bevor das Feuerwerk losgehen sollte, die ganze Veranstaltung wegen Gewitters abgesagt wurde, waren wir (Heidi & Werner, Marlies & Peter und ich) schon gute drei Stunden auf dem Gelände, hatten einiges gegessen und noch mehr getrunken und uns die Hintern in der Sommersonne plattgesessen. 

Offenbar befürchteten die Veranstalter eine Massenhysterie, jedenfalls riefen sie mehrmals und sehr eindeutig zur RUHE auf, aber wir sollten mal janz schnell machen, dass wir verschwinden. War nun wirklich schade, zumal das Gewitter - das schon ziemlich mächtig blitzte und donnerte und sintflutartig regnete - 10 Minuten vor programmgemäßem Start des Feuerwerks schon wieder vorbei war. Da saßen wir aber dann schon in meiner Bude und trockneten die nassen Klamotten. Blöd an dieser Stelle war ebenfalls, dass ich das Feuerwerk vom Vorabend (die Veranstaltung erstreckt sich über Freitag und Samstag) hätte von ferne, also quasi von zuhause aus und noch dazu kostenlos sehen können, dies aber bewusst ignorierte ob der wahnwitzigen Idee, ich würde es ja am kommenden Tag ohnehin und noch viel näher nochmals genießen können.

Naja, wir hatten einen schönen Nachmittag und Abend, haben viel gelacht und uns die Bäuche vollgeschlagen. Der Veranstalter war offenbar zwar ganz gut auf die Räumung des Geländes vorbereitet, weiß aber nicht, was er uns jetzt für die Karten anbieten soll, denn die Webseite ist seit gestern abend nicht erreichbar.

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