Busfahren in Berlin und Potsdam - nichts für schwache Nerven

26.04.2015 14:08


"Bei Dir wird ja der Sprit schlecht!" sagte einst mein Nachbar über die unterdurchschnittliche Bewegungsfrequenz meines Autos. Ich nutze eher ÖPNV, fahre also in Berlin und Potsdam oft und gern Bus und Bahn - das harmoniert auch besser mit Rotwein. Wir Deutschen sind ja für unser gutes Nahverkehrssystem bekannt, manchmal frage ich mich allerdings: warum macht der Indschenör es uns so schwer? Früher - Ihr wisst ja, als alles besser war - musste man beim Einsteigen in Züge und Straßenbahnen mittels Muskelkraft massive Türen aufstemmen und zuschmeißen. Ihr erinnert Euch? Das war nicht immer leicht, aber man kam sich wenigstens nicht wie der letzte Depp vor. Heute bin ich umzingelt von verwirrten Menschen, die verzweifelt versuchen, in Busse hinein oder aus selbigen wieder hinaus zu kommen. Häufig erfolglos. Mit traurigen Gesichtern fahren Touristen in Potsdam oft an ihrer eigentlichen Destination vorbei. In Berlin werden sie von leicht agressiven Busfahrern über Lautsprecher (natürlich in deutsch) angeblökt, sie sollten gefälligst "aus dem Türbereich zurücktreten". Im Zuge des technischen Fortschritts wurde das manuelle Türöffnersystem nämlich irgendwann von der ach so bequemen Hydraulik abgelöst, die man mittels Knöpfen bedienen kann. Also könnte. Also wenn man wüsste, wie. Die Türen der Busse in Berlin lassen sich nicht schließen, wenn irgendein armer Tropf von Spanier, Italiener oder Japaner in dem verbotenen Bereich eines für Nichteingeweihte unsichtbaren Lichtsensors steht. Und solange die Tür offen ist, kann der Bus nicht losfahren. Regelmäßig zupfen daher Berliner an Jacken und Pullovern von Mitreisenden, um sie aus der Todeszone herauszuziehen. Dies passiert an ca. 98 % aller Bushaltestellen der Innenstadt. Die Busfahrer müssen während ihrer Schicht pausenlos über den Lautsprecher bitten und betteln, um den Bus überhaupt bewegen zu können, und irgendwann werden sie dann eben pampig - man kann es ihnen nicht verdenken. Welcher geistig umnachtete Ingenieur hat sich diesen Schwachsinn ausgedacht? Und wozu? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls mit tödlichem Ausgang, wenn meine Nase 10 cm von der Bus-Innentür entfernt ist, wenn sich diese schließt? In Potsdam ist es genau anders herum. Die Busse halten an den Haltestellen ihre Türen für Aussteigewillige bockig geschlossen. Denn nur Eingeweihte wissen von den zwei voneinander unabhängigen Halteknopf-Schaltkreisen. Roter Knopf in gelbem Kasten ist dazu bestimmt zu signalisieren, dass man an der nächste Halte raus will. Davon geht die Tür aber noch lange nicht auf. Hierzu gibt es spezielle, verdammt gut getarnte chromfarbene Knöpfe in anthrazitfarbenen Kästen, die der Fremde auch dann nicht findet, wenn seine Augen dem Pfeil mit der Aufschrift folgen, weil kein Chinese oder Ungar oder Portugiese auch nur ansatzweise erahnt, was "Türöffner" bedeuten könnte. Wenn ich für jedes Mal, das ich einem verzweifelten Mitreisenden in Potsdam schon die Bustür geöffnet habe, einen Euro bekommen hätte, könnte ich den Rest meines jungen Lebens in einer tobagonischen Hängematte verbringen.