Wahlkampf in Potsdam
Während sich der Rest der Menschheit gerade fragt, wer oder was jetzt wieder die Jesiden sind und warum man sie im Irak lebendig verscharrt oder wahlweise auf Gebirgsgipfeln vertrocknen lässt oder wo zum Henker Donezk eigentlich liegt und warum es da auf einmal auf jeden Quadratmeter Landgewinn ankommt und wieso sich urplötzlich die ganze Welt die Köppe einzuschlagen scheint ...
... kümmern wir uns hier in Potsdam um die wirklich wichtigen Dinge - es ist Wahlkampf. Da zeigt sich völlig unverblühmt das wahre Gesicht der Gentrifizierung. Mangels echter Probleme kämpft man hier in Schickimickihausen einerseits um die Wiederaufforstung jedes einzelnen dahingemeuchelten Brandenburger Alleebaums, andererseits konsequent gegen den Wiederaufbau der Garnisonskirche. Für noch mehr Kitas und Spielplätze und natürlich gegen Flugrouten und Fluglärm. Sollen doch die Hartz-IV-Blagen da drüben in Neukölln nachts nicht schlafen können, die glotzen doch morgen sowieso wieder den ganzen Tag Prekariats-TV. Hauptsache wir Vielflieger-Bionadebürger-Gutmenschen können unsere spätgeborenen Projektkinder ungestört in rosarote Träume singen, bevor wir morgen wieder mit dem Rollköfferchen zum Flieger hechten, der aber bitte sowohl beim Start als auch bei der Landung einen gaaanz weiten Bogen um Potsdam macht.
Und für das friedensbewegte Gewissen stehen fünf Quotendoofis vorm Landtag und sammeln unter der kleinen weißen Friedenstaube Unterschriften gegen den Völkermord, natürlich getragen von John Lennons "Imagine".
Ihr meint, ich denke mir das aus? Könnte man vermuten, gebe ich zu. Ist aber alles wahr. Leider. Ischwör.